1.Rahmenbedingungen
Gesetzliche Grundlagen und Finanzierung
- 27 SGB VIII Hilfe zur Erziehung
- 31 SGB VIII Sozialpädagogische Familienhilfe
- 35a SGB VIII Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
- 36 SGB VIII Mitwirkung, Hilfeplan
Die Inanspruchnahme des Angebotes erfolgt im Auftrag der örtlich zuständigen Jugendämter, die gleichzeitig Kostenträger dieser Maßnahmen sind.
Hilfeart und Rahmenbedingungen
Das Familien-Clearing stellt ein kurzfristiges, intensives, ambulantes Angebot der sozialpädagogischen Diagnostik dar, zur Klärung des konkreten Hilfebedarfs von Kindern, Jugendlichen und Familien, insbesondere in Krisensituationen.
Dieses ist zeitlich auf 6/8/10/12 Wochen mit entsprechender Laufzeit von 48/64/80/96 Stunden begrenzt und beinhaltet die Bereitstellung einer telefonischen Rufbereitschaft für Notsituationen (Mo – Fr 20 – 8 Uhr, Wochenende/Feiertage 24 h).
Dauer und Umfang des Clearings richten sich individuell nach Art und Komplexität der Aufgabenstellung. Je nach Erfordernis arbeiten zwei Fachkräfte des Teams, nach dem Vier-Augen-Prinzip im Tandem, ggf. auch mit einer weiblichen und einer männlichen Fachkraft, wenn diese Konstellation als hilfreich erachtet wird.
Die Hilfeform „Clearing“ ist angezeigt, wenn sich Kinder/Jugendliche/Familien in einer Krisensituation befinden, deren Bewältigung aus eigener Kraft und mit vorhandenen Ressourcen nicht mehr möglich ist und dem Jugendamt nur unzureichende Informationen vorliegen, um eine für den konkreten Hilfebedarf der KlientInnen passende Hilfe anzubieten. Ebenso, wenn Unklarheit besteht, ob Kinder/Jugendliche betreffend die Themen Verwahrlosung, Vernachlässigung, Gewalt (jegliche Formen der Gewalt) und Ausbeutung eine Rolle spielen. Eine weitere Indikation ergibt sich aus der Tatsache einer angedachten/geplanten Rückführung von Kindern/Jugendlichen, die fremduntergebracht sind und in den Haushalt der Herkunftsfamilie zurückkehren sollen, sofern das Ergebnis eines Clearings dies zulassen und befürworten kann.
Die Clearing-Maßnahme analysiert die aktuelle Krise innerhalb des Familiensystems, sowie die Auswirkungen für die Familienmitglieder und meldet sowohl die gemachten Beobachtungen der Familie sehr transparent und offen zurück als auch die hieraus resultierende fachliche Einschätzung der Situation für die Kinder/Jugendlichen.
Die Hilfeform bezieht sich auf zwei mögliche Ausgangslagen: zum einen auf eine sozialpädagogische Bedarfsdiagnostik und zum Anderen auf die fachlich fundierte Einschätzung im Hinblick auf das Vorliegen einer möglichen Kindeswohlgefährdung (§ 8a KJHG). Entstehen Verdachtsmomente im Hinblick auf eine Kindeswohlgefährdung oder kommt es zur Feststellung einer solchen oder wirkt die Familie nicht bei der Maßnahme mit (häufiges Absagen von Terminen oder fehlende Erreichbarkeit), erfolgt umgehend die telefonische Information des Jugendamtes. Zusätzlich werden die Beobachtungen in Form einer ‚Aktennotiz‘ oder ‚Gefährdungsmitteilung‘ verschriftlicht und gehen umgehend der Familie und dem Jugendamt zu.
Kann sich die Familie auf eine Kooperation mit Jugendamt und Fachkräften einlassen, im Hinblick auf die Aufträge und Fragestellungen des Jugendamtes und/oder ist in der Lage zur Entwicklung einer eigenen Problemsicht, werden Probleme, Ressourcen und Entwicklungsbedürfnisse von Kindern/Jugendlichen/Familien und derer familiären und sozialen Bezüge erfasst. Die Fachkräfte eruieren und aktivieren gemeinsam mit der Familie persönliche/familiäre/soziale Ressourcen, die der Abmilderung der Krise dienlich sind und eine mögliche Fremdunterbringung vermeiden können.
Die Umsetzung der Hilfeform und die methodische Arbeit der Fachkräfte orientiert sich an der jeweiligen Familienkonstellation und individuellen Auftragslage flexibel und individuell, sowie am Entwicklungsstand der einzelnen Familienmitglieder:
Die ambulanten Fachkräfte sind an Werktagen tätig und für die KlientInnen tagsüber erreichbar. Von Montag bis Freitag 20 – 8 Uhr und an Wochenenden/Feiertagen, steht eine telefonische Rufbereitschaft 24 Stunden zur Verfügung.
Die Maßnahme startet mit dem Erstgespräch. Es wird die familiäre Problem-/Krisensituation beschrieben und das Jugendamt und die Familie formulieren Fragestellungen, die im Rahmen des Familien-Clearings geklärt werden sollen. Der hierfür benötigte Betreuungsumfang sowie die voraussichtliche Laufzeit der Maßnahme werden dementsprechend festgelegt.
Mögliche, bereits konkrete Lösungsvorschläge, wie eine geplante vollstationäre Unterbringung von Kindern/Jugendlichen oder der gesamten Familie, sollten transparent gemacht werden.
Das zuständige Jugendamt kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung eine Schutzvereinbarung mit Kontrollaufträgen treffen, welche die Familie – ggf. mit Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte – einhalten/umsetzen soll, um weitere Schritte hinsichtlich einer Fremdunterbringung der Kinder zu vermeiden.
Die aufsuchende Form der Hilfe findet im Allgemeinen im familiären Haushalt/im Lebensumfeld der Kinder/Jugendlichen/Familien statt. Das gesamte Familiensystem und je nach Auftragslage das familiäre/soziale Umfeld wird in die Hilfe miteinbezogen.
Während des intensiven Familien-Clearings finden in der Regel drei Kontakte in der Woche statt, mit einzelnen Familienmitgliedern oder dem gesamten Familiensystem, mit Institutionen (z.B. KiTa, Schule, Ärzte) und anderen im Erstgespräch festgelegten Personen/Institutionen. Zu Beginn der Maßnahme wird die Gesamtsituation der Familie betrachtet, sowie deren Auswirkungen auf jedes einzelne Familienmitglied. Die Beobachtungen und Eindrücke werden mit den KlientInnen thematisiert. Die Erstellung eines Genogramms und einer Zeitleiste dient dem besseren Verständnis der familiären Lebens- und Lösungsmuster.
Das Familien-Clearing eignet sich sowohl für Arbeitskontexte auf „freiwilliger Basis“ als auch für die Umsetzung im „Zwangskontext“. Bei ersterem gestalten sich Zugang und Vertrauensaufbau zur Familie zu Beginn der Maßnahme i.d.R. einfacher, da häufig eine Problemeinsicht besteht. Dies erhöht die Chance für einen effizienten Klärungsprozess. Bei Initiierung des Hilfeangebotes im Zwangskontext ist der Hilfebeginn häufig geprägt von Ablehnung, Vermeidung, Terminabsagen, fehlender Erreichbarkeit usw. Dies erfordert einen engen Austausch mit dem Jugendamt und viel Fingerspitzengefühl, die Familie letztlich doch für ein Arbeitsbündniss zu gewinnen, aber auch Folgen und Konsequenzen ihrer Handlungen zu verdeutlichen. Im Fokus der Arbeit steht immer das Kindeswohl und der Kinderschutz, unter Einbezug aller familiären und sozialen Ressourcen, um Gefährdungen vorzubeugen und abwenden zu können.
Bei Bedarf wird in einem Zwischengespräch bereits eine Tendenz bzgl. einer ersten Einschätzung der Situation, Ermittlung von Ressourcen, Veränderungstendenzen seitens der Familienmitglieder und weiterer notwendiger Unterstützungsangebote formuliert. An dieser Stelle könnte ggf. bereits die Suche nach einer geeigneten Folgemaßnahme für die Familie gestartet werden.
Im Verlauf der Maßnahme werden mit der Familie persönliche und familiäre Ressourcen herausgearbeitet, an Vereinbarungen und Regeln gearbeitet, bei einer von Wertschätzung geprägten Kommunikation angeleitet und Veränderungsprozesse angestossen, bei der Umsetzung angeleitet und diese evaluiert.
Die Maßnahme endet mit dem Abschlussgespräch. Bei diesem werden auf der Grundlage einer gründlichen Exploration und Dokumentation, in Korrespondenz mit den ermittelten familiären Ressourcen und der Mitwirkungsbereitschaft der Familienmitglieder, Empfehlungen konkretisiert, wie und mit welchen Angeboten dem Hilfe- und Entwicklungsbedarf des Kindes/Jugendlichen und seiner Familie entsprochen werden kann. Diese werden im Abschlussbericht verschriftlicht.
Die Familien werden von (sozial-)pädagogischen Fachkräften, mit am Hilfebedarf orientierten Zusatzqualifikationen, betreut und beraten.
Fallanfrageverfahren
- Mündliche (telefonische) oder schriftliche Anfrage (per E-Mail) des Sozialen Dienstes des Jugendamtes, bei der Pädagogischen Leitung: Kurzdarstellung der Familien- und Problemsituation
- Zusendung schriftlicher Unterlagen (Fallvorlage, Sozialpädagogische Diagnostik) durch den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD)
- Nach Studium der Fallvorlage etc., Rücksprache der Einrichtung mit dem ASD bzgl. des benötigten Stundenkontingents und der Laufzeit der Maßnahme
- Vereinbarung eines Erstgespräches mit allen Beteiligten (Pädagogische Leitung, pädagogische Fachkraft, Jugendamt, Familie, ggf. weitere Institutionen/Träger)
Umfeld der Einrichtung und räumliche Ressourcen des Hilfeangebotes
Unsere Einrichtung hat ihren Sitz im Ort Wiebelskirchen (ca. 9.000 Einwohner), dem größten Stadtteil der Kreisstadt Neunkirchen/Saar.
Der Ort liegt zwischen Neunkirchen und Ottweiler und verfügt über eine gute Infrastruktur: Geschäfte des täglichen Bedarfs, Schulen, Kindergärten, Spielplätze, das Freibad, Sportvereine, Tanzschule und Wälder sind innerhalb weniger Minuten zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Bus erreichbar.
Sehr zentral gelegen, in einem renovierten, ursprünglichen Zweifamilienhaus, befinden sich folgende Räumlichkeiten im Dachgeschoss, die alle pädagogischen Fachkräfte bei Bedarf nutzen können:
- Teeküche und Empfangsbereich der Verwaltung
- Beratungs- und Besprechungsraum
- Gemeinschaftsbüro mit mobilen Arbeitsplätzen
- Büro der Geschäftsführung/Pädagogische Leitung
Unser Team
Im multiprofessionellen Team der Clearingmaßnahmen arbeiten (heil-)pädagogische Fachkräfte (z. B. ErzieherInnen, HeilerziehungspflegerInnen, SozialarbeiterInnen/-pädagogInnen).
Bei Bedarf oder speziellen Problemlagen kann auf weitere Professionen (z. B. Familien-/ Gesundheits- und KinderkrankenpflegerInnen) zurückgegriffen werden.
Unserer Zielgruppe entsprechend achten wir auf passgenaue Zusatzqualifikationen z. B. in den Bereichen:
- systemische Zusatzausbildungen (z.B. FAM-Qualifikation)
- Kinderschutzfachkraft
- Traumafachberatung/-pädagogik
- Marte Meo – Practitioner
- MentaltrainerIn
- AntiaggressionstrainerIn
- Mediation
Es findet wöchentlich eine Teamsitzung mit Beratung und Reflexion des Maßnahmenverlaufes durch die pädagogische Leitungsebene statt. Über Handyerreichbarkeit ist ein krisenbedingter Austausch mit pädagogischer Leitung und KollegInnen sichergestellt und es werden Fort- und Weiterbildungen sowie Supervision angeboten.
Für die Dokumentation und Organisation stehen den Fachkräften digitale Endgeräte (Tablet oder Laptop, Diensthandy) sowie Büroraume zur Verfügung.
2.Zielgruppe
Das Angebot des Familien-Clearings richtet sich an Familien, Lebensgemeinschaften und Elternteile mit Kindern und Jugendlichen (in schwierigen/besonderen Lebens- und Problemlagen):
- die sich in einer Krise beziehungsweise einer ungeklärten Situation befinden und der Zusammenhalt innerhalb des Familiensystems gefährdet oder akut bedroht ist. Aufgrund der Vielschichtigkeit sowie der Lebenskomplexität ist eine Analyse notwendig. In diesen Fällen ist für das Jugendamt vor dem Clearingprozess der Auftrag oftmals unübersichtlich beziehungsweise unklar. Oft liegen in solchen Fällen über die Form der Hilfe keine eindeutigen, nachweisbaren Indikatoren vor,
- bei denen die Fremdunterbringung eines oder mehrerer Kinder droht und die Familie signalisiert, diese doch noch abwenden zu wollen,
- die dem Jugendamt schon bekannt sind und bisherige Lösungen nicht die adäquate Hilfeform darstellten und zu unbefriedigenden Ergebnissen führten. Hier besteht oftmals aufgrund negativer Erfahrungen der Familie mit Hilfesystemen eine sogenannte Resistenz oder aber Widerstände wurden aufgebaut. Hier soll durch ein Clearing, mit einer neuen komplexen lebensweltorientierten Bedarfsfeststellung, zu einer neuen Standortbestimmung verholfen werden,
- in denen, aufgrund unübersichtlicher und unklarer Situationen und Informationslagen (z.B. immer wiederkehrende Gefährdungsmitteilungen, die beim Jugendamt eingehen), keine ausreichende Einschätzung hinsichtlich einer möglichen Kindeswohlgefährdung sowie des Hilfebedarfs der Familie oder einzelner Familienmitglieder gewonnen werden kann,
- die sich beim zuständigen Jugendamt Unterstützung angefordert haben, aber die Komplexität der bestehenden Problemlagen eine Klärung der Prioritäten und des Hilfebedarfs sowie der passenden Hilfeform erfordert,
- mit hochstrittigen Elternteilen, die den Blick auf das Wohl des Kindes/der Kinder verloren haben und ein Klärungsprozess als erforderlich erachtet wird, um einer Kindeswohlgefährdung vorzubeugen bzw. das Kindeswohl sicherzustellen,
- bei denen die Rückführung eines oder mehrerer Kinder angestrebt wird bzw. begleitet werden soll.
Die Familien bei denen ein Familien-Clearing umgesetzt werden soll, sind i.d.R. vom ASD im Risiko- oder Gefährdungsbereich eingestuft, aufgrund vorliegender oder drohender Aspekte hinsichtlich einer Kindeswohlgefährdung.
3.Pädagogische Grundlagen und Methoden zur Zielerreichung
Wir arbeiten nach Grundsätzen und Methoden des „systemischen Ansatzes“ und begegnen den uns anvertrauten Familien, Kinder und Jugendlichen empathisch, wertschätzend, mit Respekt und unter Einbezug ihrer Ressourcen:
- Wir suchen gemeinsam nach Lösungen für Problemlagen.
- Wir fördern persönliche, familiäre und soziale Stärken und Ressourcen.
- Wir nutzen und schaffen soziale Netzwerke im Lebensraum der von uns betreuten Familien.
- Wir beziehen das ganze Familiensystem und entsprechende Subsysteme (Schulen, Kita, etc.) in unsere pädagogische Arbeit mit ein.
- Wir fördern die Beteiligung der uns anvertrauten Familien und jungen Menschen.
Auf der Grundlage der Hilfeplanung, unter Beteiligung aller relevanten Personen, wird ein Hilfekonzept entwickelt und durchgeführt. Dieses wird regelmäßig überprüft und fortgeschrieben.
Das Ziel des Familien-Clearings ist es, durch eine sozialpädagogische Bedarfsdiagnostik und fachlich fundierte Einschätzung im Hinblick auf das Vorliegen einer möglichen Kindeswohlgefährdung, den realistischen Hilfebedarf für die KlientInnen zu eruieren und eine Empfehlung für eine adäquate Folgemaßnahme abgeben zu können.
Ein Erhalt des gesamten Familiensystems wird angestrebt und Fremdunterbringungen soll entgegengewirkt werden.
Im Vordergrund steht der Klärungsprozess, durch z.B.:
- Aufsuchende und familienaktivierende (im persönlichen/häuslichen Umfeld, nach Terminabsprache) Betreuung der Familie,
- klare zeitliche Perspektive, durch regelmäßige Reflexions- und Auswertungsgespräche,
- Transparenz in der Zusammenarbeit mit den Familien und Jugendämtern,
- Ausführung von Kontrollaufträgen,
- Wertschätzende und ressourcenorientierte Arbeitsweise,
- Genogrammarbeit, Zeitleiste, Risiko- und Ressourcenprofil, Zirkuläre Fragen, Refraiming, Netzwerkarbeit, Beobachtung,
- Einzel-, Paar- und Familiengespräche,
- Erziehungsberatung (Stärkung und Förderung der Erziehungskompetenzen, Erarbeitung von Handlungsalternativen, Reflexion und Festigung erlernter Kompetenzen),
- Analyse, Begleitung und Unterstützung familiärer Interaktionen,
- Sicherung der Grundversorgung der Familie (z.B. Wohnraum, Ernährung, gesundheitliche Versorgung, finanzielle Versorgung, Bildung, Tagesstrukturentwicklung),
- Förderung und Stabilisierung der Erziehungsfähigkeit,
- Förderung und Stabilisierung der Bindung, emotionalen Beziehungen und des Selbstwertgefühls der einzelnen Familienmitglieder,
- Förderung und Unterstützung von Alltagskompetenzen,
- Vernetzung zu notwendigen medizinischen/psychologischen/sozialpädiatrischen Institutionen und anderen Unterstützungssystemen,
- Traumafachberatung,
- Integration in das soziale Umfeld,
- Hilfe zur Selbsthilfe, zur Krisen- und Problembewältigung aus eigener Kraft,
- Konflikt- und Krisenbewältigung,
- Moderation von Familienkonferenzen,
- Begleitung zu Terminen (Schulen, Kita, Ärzte, Behörden, Institutionen etc.),
- Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagsproblemen (Kommunikation mit Behörden, Schulen, Kindertageseinrichtungen etc.),
- Unterstützung bei der Reduzierung des Bedarfs an familienersetzenden- und unterstützenden Hilfen
Die Wirksamkeit dieser Methoden setzt die Entwicklung eines Arbeitsbündnisses und eine gelingende Arbeitsbeziehung voraus. Deshalb ist der Aufbau einer Vertrauensbasis, die Transparenz in der Zusammenarbeit und die Partizipation der HilfeempfängerInnen im Hilfeprozess ein zentrales Element unserer Arbeit.
Zum fachlich angemessenen Handeln gehört für uns auch das Wissen um unsere Kompetenzen und Grenzen. Unsere flexible Arbeitsweise zeichnet sich dadurch aus, dass die Hilfe in kritischen Phasen zeitlich intensiviert werden kann, um den Familien ein erhöhtes und individuell bedarfsgerechtes Maß an Unterstützung anzubieten. Stellen wir im Hilfeprozess fest, dass die von uns angebotene Hilfeform, auch nach Anpassung der möglichen Modalitäten, nicht zum Hilfebedarf passt (z.B. zeitliche Intensität oder Hilfeform nicht mehr angemessen), dann melden wir dies den jeweiligen HilfeempfängerInnen und dem zuständigen Jugendamt zurück und teilen unsere Einschätzung mit.
Zusammenarbeit und Kooperation mit dem Jugendamt und anderen Trägern und Institutionen
Im Rahmen des Familien-Clearings arbeitet das Team mit dem zuständigen Jugendamt und anderen Trägern und Institutionen zusammen. Je nach Bedürfnislage der Familien und Auftragserteilung sind dies z.B.:
- Schulen
- Kindertageseinrichtungen
- Sozialpädiatrische Zentren und ADHS- und Autismus-Ambulanz
- KinderärztInnen
- Frühförderstellen
- Behörden (Jobcenter, Arbeitsagenturen, Kreissozialämter etc.)
- PsychologInnen, PsychotherapeutInnen, ÄrztInnen
- Kliniken
- Freizeitvereine
Die Kooperation/der Fachaustausch kann auf unterschiedliche Art und Weise und im Beisein der Familie oder deren Abwesenheit (mit Schweigepflichtsentbindung) erfolgen:
- Face – to – Face
- telefonisch
- per E-Mail
In der Zusammenarbeit mit den Institutionen vor Ort, ist es unser Anliegen, eine gelingende Netzwerkarbeit mit unseren HilfeempfängerInnen zu leisten, um ihnen eine soziale Anbindung zu ermöglichen.
4.Kinderschutz und Krisenintervention
Im § 8a SGB VIII ist der Schutzauftrag bei einer Kindeswohlgefährdung beschrieben. Träger und Einrichtungen bekommen bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für eine Gefährdung eines betreuten Kindes eine entsprechende Handlungsanleitung. Dafür sollen die Jugendämter Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten treffen. Der § 8b SGB VIII regelt die fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Damit wird der Beratungsauftrag der überörtlichen Träger der Jugendhilfe, d.h. der Landesjugendämter festgeschrieben.
Die Regelung des § 72a SGB VIII verpflichtet die Jugendämter, keine Personen zu beschäftigen, die hierfür nicht persönlich geeignet sind. Gleiches gilt aufgrund von erforderlichen Vereinbarungen auch für freie Träger in der Kinder- und Jugendhilfe – in diesem Sinne auch für unsere Einrichtung. Die persönliche Eignung liegt nicht vor, wenn die Mitarbeiter*innen rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB verurteilt wurden. Die Prüfung erfolgt bei der Einstellung und in regelmäßigen Abständen durch die Vorlage eines (erweiterten) Führungszeugnisses nach § 30 Abs. 5 des BZRG.
Wir beraten und unterstützen die von uns betreuten Familie mit dem Ziel, ihren Kindern eine entwicklungsgemäße Förderung, gewaltfreie Erziehung und den Schutz vor Gefährdungen des Kindeswohls sicherzustellen. Durch unsere aufsuchende Arbeit fördern und unterstützen wir die Bewältigung von Krisen, Belastungen und Problemen in der Familie. Wir arbeiten unterstützend, nicht ersetzend.
Wir sind den geltenden Bestimmungen zum Kinderschutz verpflichtet und handeln danach. Wir nutzen Hilfsmittel (Erfassungsbögen bei Verdacht einer Kindeswohlgefährdung) zur Einschätzung von Kindeswohlgefährdung zur Strukturierung und prüfen diese im fachlichen Austausch. Bei Gefahr im Verzug ergreifen wir unverzüglich erforderliche Schutzmaßnahmen.
Das Wohl von Kindern ist gefährdet, wenn sie durch seelische/körperliche/geistige Misshandlung/Vernachlässigung oder sexuellen Missbrauch in ihrer Entwicklung gefährdet oder bereits geschädigt sind. „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind zu unterlassen.“ (BGB § 1631, Abs. 2)
Es gibt diverse mögliche Faktoren, die zu einer Kindeswohlgefährdung beitragen oder führen können: belastende materielle und soziale Situationen von Familien, hohe Konfliktbelastung, Streit und Gewalt zwischen Eltern, Überforderung und Hilflosigkeit der Eltern, usw.
Häufig begegnen wir in den ambulanten Hilfen Familien, in denen aus unterschiedlichsten Gründen nicht genügend auf die Grundbedürfnisse von Kindern/Jugendlichen eingegangen wird. Es findet (emotionale) Vernachlässigung oder unzureichende Versorgung im Alltag statt oder es bestehen schwierige Lebensbedingungen im häuslichen Umfeld, weil die Eltern mit der
Alltags- und Haushaltsbewältigung überfordert sind. Vor diesem Hintergrund sind Prävention und Schutz des Kindeswohls immer auch zentrale Bestandteile der ambulanten Hilfen zur Erziehung: Durch die Beratung und Betreuung einer Familie bei ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von diversen Problemlagen, bei Krisen und Konflikten sowie im Umgang mit Ämtern und Institutionen sollen die Familien darin unterstützt werden, die eigenen Kinder vor Gefährdungen zu schützen. Viele Inhalte der pädagogischen Arbeit haben präventiven Charakter und/oder dienen der Abwendung potentieller Kindeswohlgefährdungen.
Ergeben sich in der Betreuungsarbeit Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung, wird durchgehend eine kollegiale Beratung im Team gewährleistet. Zudem wird eine insoweit erfahrene Fachkraft (InsoFa) beteiligt. Dabei werden folgende Schritte/ Gesichtspunkte erörtert:
- Informationssammlung (Welche Anhaltspunkte liegen vor?)
- Gewichtung der Informationen
- Hypothesenbildung (z. B. Liegt aufgrund von Kriterien eine akute Gefährdung vor?)
- Prognosen/Vereinbarung weiterer Maßnahmen
Die Sorgeberechtigten sowie das Kind werden in die Gefährdungseinschätzung einbezogen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird.
Bei gewichtigen Anhaltspunkten der akuten Gefährdung eines Kindes wird das Jugendamt umgehend vorab telefonisch und zusätzlich mit einem Meldebogen schriftlich informiert. So lässt sich zeitnah das weitere Vorgehen gemeinsam abstimmen.
Eine entsprechende Dienstanweisung mit entsprechenden Handlungsschemata bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung liegt den MitarbeiternInnen vor.
Bei familiären und/oder persönlichen Krisen wird durch sofortige Einbeziehung des Jugendamtes versucht, die Situation der Familie bzw. des Kindes/Jugendlichen zu entschärfen. Durch die Klärung der aktuellen Problemkonstellation und ggf. dem Führen von Deeskalations- und Vermittlungsgesprächen in und nach der Krise wird das Kind/der Jugendliche im Rahmen der Möglichkeiten der Flexiblen Hilfen begleitet (unter Einbeziehung des Jugendamtes).
Bei akuter Selbst- und Fremdgefährdung werden sofort adäquate Maßnahmen eingeleitet und das Jugendamt umgehend informiert.
In Krisensituationen oder bei situationsübergreifenden Schwierigkeiten, die sich einem pädagogischen Einfluss entziehen, findet eine Kontaktaufnahme und Kooperation mit dem Jugendamt, den Erziehungsberechtigten, der Schule u.ä. statt.
Bei Bedarf werden zusätzliche Hilfemaßnahmen (Fremdunterbringung, Therapie, psychiatrische Versorgung etc.) angeregt.
Grundsätzlich sind Kinder und Jugendliche für ihre gesunde Entwicklung auf (körperliche) Nähe, Zuwendung und Geborgenheit angewiesen. Diese suchen sie nicht nur bei Eltern, Geschwistern, Gleichaltrigen etc., sondern u. a. auch bei den professionellen HelferInnen.
Alle MitarbeiterInnen sind verpflichtet, den Schutz jedes Kindes/Jugendlichen vor Übergriffen durch Erwachsene sowie durch andere Kinder und Jugendliche sicherzustellen. Die Sicherung des Kinderschutzes hat Vorrang vor anderen Arbeitsaufträgen!